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Die Familie Anger, das Ehe-
paar und sechs Kinder,
lebten als Kleinunternehmer
in Schmiedeberg im böh-
mischen Erzgebirge, nahe der
deutschen Grenze. Vater Wil-
helm Anger kaufte 1937 ein
Rezept für Schweißmittel und
beginnt die Produktion. Nach
dem 2. Weltkrieg wurde die
deutsche Bevölkerung ent-
eignet und aus ihrer Heimat
ausgewiesen. Das traf auch
die Familie Anger.
Schweißmittel ,,Amu-
lit" ging in Produktion
Den ältesten Sohn Wilhelm,
Absolvent eine Landwirt-
schaftsschule, verschlug es
nach Bad Hall und er begann
mit wenigen Mitarbeitern
dieses Schweißmittel unter
dem Namen AMULIT zu pro-
duzieren, bald ergänzt durch
Schweißer-Schutzbrillen. Eine
Erweiterung des Betriebes
lehnte die Gemeinde Bad Hall
­ der Kurort! ­ ab, und so er-
warb Wilhelm Anger (jun.)
von der Dorn-Mühle 1600 m²
Baugrund in Traun/St. Diony-
sen und errichtete eine 216
m² Holzbaracke, sie diente als
Familien-Unterkunft und ab
September 1948 als Produkti-
onsstätte, Büro und Versand.
Allmählich kamen auch die
übrigen Angehörigen aus Do-
nauwörth/Bayern nach Traun.
Zuerst Schwester Anneliese,
­ sie achtete auf die knappen
Finanzen der Firma -, später
Bruder Anton, der au-
ßerordentlich begabte
Techniker, dann, 1950,
Wilhelm Anger (sen.)
mit Frau und den jün-
geren Kindern.
Brillen folgten
Am 5. Jänner
1949 erfolgte
die Gründung
der Wilhelm Anger OHG ­ Spe-
zialfabrik für Brillen. Beteiligt
waren Wilhelm (jun.) mit 50%
und die Geschwister Anne-
liese und Anton mit je 25%.
Ende 1949 hatte man bereits
83 Mitarbeiter. Ganzmetall-
Schutzbrillen, Nickeldraht-
Brillen, erste gespritzte Brillen
aus Polystyrol, Sonnenbrillen,
Krankenkassenbrillen - das
Angebot wurde ständig er-
weitert. 1950 stand die erste
gemauerte Halle. Krankenkas-
senbrillen aus Zelluloid -, spä-
ter Zelluloseacetat-Platten gab
es in 9 Größen und 45 Farben,
Schi- und Motoradfahrerbril-
len mit Gummi-Gehäuse von
Semperit.
Starke Expansion
1951 waren bereits 176 Leute
bei Anger beschäftigt. Erste
Exportaufträge aus Jugosla-
wien. Starke Expansion und
viele Innovationen brachten
das junge Unternehmen oft
an seine finanziellen Gren-
zen. Ein ERP Kredit ­ 600.000
ö S - verschafft etwas Luft
und wird sofort in eine neue
Halle investiert. Beginn des
Maschinenbaues: Extruder
für die Brillenfertigung. 1953
entsteht das
Unternehmen
,,Wilhelm An-
ger Kunststoff-
werke", mit
einer bunten
Produktpalette: Lockenwick-
ler, Sandalen, Brillenetuis,
aber auch Kunststoff-Wasser-
leitungsrohre und Fittinge,
eine technische Neuheit er-
sten Ranges. Nach Wegscheid
übersiedelt und 1956 verkauft
lebt diese Produktion unter
POLOPLAST weiter.
Sonderausstellung
Über den steilen Aufstieg und
das Ende der Firma Anger
lesen Sie im nächsten ,,Trau-
ner". Demnächst erscheint
auch ein Buch über die Fami-
lie und den Anger - Konzern
von Dipl. Ing. Reinhard Bauer.
Am 21. September wird im
Museum Steinhumergut eine
Sonderausstellung zu diesem
Thema eröffnet.
Firma ANGER -
Der Anfang
Die Firma Anger war in den Jahren unmittelbar
nach dem furchtbaren 2. Weltkrieg der wichtigste und größte
Arbeitgeber Trauns. Unsere ,,alten" Textilbetriebe ­ Enderlin,
Graumann, Berl, auch Gabler ­ kamen nicht mehr richtig in
Schwung. Die Firma Anger entstand fast aus dem Nichts ­ Wa-
gemut, Pioniergeist, Fleiß, technisches Talent und ein geniales
Gespür für den Markt machten das möglich ­ ein Trauner
Wirtschaftswunder. Doch der Reihe nach:
anno dazumal von Georg Sayer
KONTAKT
MUSEUM IM
,,STEINHUMERGUT"
Neubauerstraße 75, Traun
Öffnungszeiten:
jeden letzten Mittwoch
im Monat, von 14­18 Uhr
und jeden 2. Samstag,
von 14­17 Uhr sowie
nach tel. Vereinbarung
unter 0 72 29 / 688-105
oder bei Georg Sayer
unter 0 72 29 / 74 851
www.traun.at
Fotos: Archiv Stadt T
raun
Familie Anger,
1942
Anger-Wohnhaus in Schmiedeber
g (Erzgebirge)